Björn Brembs und Konrad Förstner sprechen über die Überwachung der Wissenschaftler*innen und die Sammlung von Nutzerdaten durch große Wissenschaftsverlage – mit anschließender Diskussion.
Seit ca. 10 Jahren ist das Thema Open Access praktisch erledigt: Menschen können nahezu 100% der internationalen wissenschaftlichen Literatur zumindest lesen (auch wenn die legalen Möglichkeiten zur Weiterverwertung oder ContentMining noch sehr lückenhaft sind). In dem gleichen Zeitraum haben die grossen Verlage denn auch ihr Hauptaugenmerk darauf gelegt, den Informationsstrom umzukehren. Schöpften die Journale früher den Informationsfluss zu den Nutzer*Innen finanziell ab, bringen nun die zu den Verlagen strömenden Nutzerdaten den Mehrwert. Gesponsort durch die üppigen Übergewinne aus der nützlichen Melk-Kuh Wissenschaft haben die Ex-Verlage in den letzten zehn Jahren die Regale der Überwachungstechnologie leer gekauft und dafür gesorgt, dass ihre Produkte von den digitalen Endgeräten der wissenschaftlichen Nutzer*innen nicht mehr weg zu denken sind. Das multifaktorielle Problemgefüge, das daraus erwächst, lässt die "serials crisis" der letzten 30 Jahre geradezu lächerlich erscheinen. Lösung ist hierzu und weiteren Problemen ist eine Neuaufstellung des wissenschaftlichen Publikationssystem und Abkehr vom klassichen Journalsystem.
Über die Referenten: Björn Brembs ist Neurobiologe und seit 2012 Professor für Neurogenetik an der Universität Regensburg. Nach der Promotion an der Universität Würzburg (2000) war er an der University of Texas, Houston, sowie an der Freien Universität Berlin tätig. Er setzt sich kritisch mit dem wissenschaftlichen Publikationssystem und der Rolle von Verlagen in der Wissenschaft auseinander, unter anderem in seinem Blog und in den Medien. Konrad Förstner ist Professor für Data and Information Literacy an der TH Köln sowie Leiter des Programmbereiches Data Science and Services bei der ZB MED - Informationzentrum Lebenswissenschaften. Nach der Promotion am European Molecular Biology Laboratory in Heidelberg (2009) war er Postdoc und Gruppenleiter an der Universität Würzburg. Er ist aktiv im Bereich offener Wissenschaft und ko-moderiert den Podcast Open Science Radio.
Zeit & Ort
26.10.2022 | 13:00 - 13:45
Videokonferenz